Diagnose und Sensorik

Markierungsfreie Detektion mit photonischen Biosensoren

Anwendungen für Biotechnologie und Medizintechnik

Markierungsfreie Nachweismethoden - also ohne zusätzliche Reagenzien zur molekularen Charakterisierung - haben ein hohes Entwicklungspotenzial, da sie einfachere Diagnosewerkzeuge bereitstellen können, die außerhalb des Labors eingesetzt werden können und damit auch für nicht spezialisierte Anwender zugänglich werden. Das Fraunhofer IPMS entwickelt photonische markierungsfreie Biosensoren auf der Basis von Siliziumnitrid-Mikroringresonatoren in Siliziumtechnologie. Sie werden zum selektiven Nachweis von Biomarkern oder mikrobiellen Substanzen eingesetzt und bieten beispielsweise eine geeignete Nachweismethode zur Früherkennung von Krankheiten. 

Zu diesem Zweck entwickeln das Fraunhofer IPMS und das Fraunhofer IZI eine hochempfindliche integrierte photonische Biosensorik-Plattform.

Diagnose von tiefen Venenthrombosen (TVT)

Anwendungen für Biotechnologie und Medizintechnik

Die tiefe Venenthrombose (TVT) und ihre tödliche Komplikation, die Lungenembolie, betreffen weltweit Millionen von Menschen und sind für einen großen Prozentsatz der akuten Krankenhausaufenthalte verantwortlich. Eine tiefe Venenthrombose (TVT) ist die Bildung eines Blutgerinnsels in den tiefen Venen, meist in den unteren Gliedmaßen, das den Blutfluss behindert. Bei 50 % der Menschen mit einer tiefen Venenthrombose löst sich das Gerinnsel irgendwann von der Venenwand und wandert in die Lunge, wo es eine Lungenembolie verursacht. Etwa 25 % der Menschen, die eine Lungenembolie erleiden, sterben daran. Damit ist die Lungenembolie nach Schlaganfall und Herzinfarkt die dritthäufigste kardiovaskuläre Todesursache weltweit. Die klinische Diagnose einer TVT ist bekanntermaßen unzuverlässig, da bis zu 2/3 der TVT-Episoden klinisch unauffällig sind und die Patienten selbst dann symptomfrei sind, wenn sich eine Lungenembolie entwickelt hat.

Die frühzeitige Diagnose einer TVT ist von entscheidender Bedeutung und kann nachweislich lebensbedrohliche Komplikationen (Lungenembolie) verhindern, das Risiko langfristiger Behinderungen (postthrombotisches Syndrom, wiederkehrende TVT) minimieren, die Behandlungsergebnisse verbessern und die Kosten im Gesundheitswesen senken. ThrombUS+ bringt ein interdisziplinäres Team von Expertinnen und Experten aus Industrie, Technologie, Sozialwissenschaften und klinischen Studien zusammen, um ein neuartiges, tragbares Gerät zur kontinuierlichen, benutzerunabhängigen Überwachung von Patienten mit hohem Thromboserisiko zu entwickeln.

Das Fraunhofer IPMS entwickelt zusammen mit VERMON das Ultraschallwandler-Array für die tragbare, kontinuierliche Überwachung von tiefen Venenthrombosen direkt vor Ort. Wir konzentrieren uns dabei auf unsere CMUTs (Capacitive Micromachined Ultrasonic Transducers), MEMS-basierte Ultraschallwandler, die als die nächste Generation medizinischer Ultraschallsensoren gelten. CMUTs können aufgrund der Großserienproduktion zu niedrigen Kosten hergestellt werden. Darüber hinaus ermöglichen die Vorteile wie Miniaturisierung mit hoher Kanalzahl, hohe Bandbreite in Kombination mit hoher Empfindlichkeit die Entwicklung eines völlig neuen Systems.

 

Diagnose von Mittelohrentzündungen mit Ultraschall

Anwendungen für Biotechnologie und Medizintechnik

© Fraunhofer IPMS
Wafer mit CMUT-Chips

Mittelohrentzündungen werden oftmals mit Antibiotika behandelt, insbesondere wenn Babys und Kleinkinder betroffen sind. Gegenwärtige Medizingeräte zur Diagnose der Krankheit sind Jahrzehnte alt, daher sind die Befunde subjektiv und ineffektiv. Die diagnostischen Fehlerraten betragen im Durchschnitt 50 Prozent, insbesondere bei der Unterscheidung zwischen bakteriellen und viralen Infektionen. Viele Kinder bekommen daher unnötigerweise Antibiotika verschrieben, was langfristig zu dem weltweit wachsenden Problem der Antibiotikaresistenz beiträgt.

Ein neuartiger Ultraschallwandler des Fraunhofer IPMS kann dieses Dilemma beheben: Die luftgekoppelte Ultraschalltechnologie ermöglicht eine präzise Diagnose von Mittelohrinfektionen. Mittels Otoskop können Ärzte den Bereich hinter dem Trommelfell in Sekunden analysieren. So lässt sich feststellen, ob das Mittelohr Luft oder Flüssigkeit enthält. Diese kann charakterisiert werden und damit ist eine zweifelsfreie Unterscheidung verschiedener Erkrankungsstadien gegeben, wodurch eine zielgerichtete Behandlung ermöglicht wird.

Der Ultraschallwandler, ein sogenannter CMUT (capacitive micromachined ultrasonic transducer), basiert auf speziellen, am Fraunhofer IPMS etablierten MEMS-Technologien, die auf Siliziumwafern gefertigt werden. Er zeichnet sich durch einen geringen Stromverbrauch aus und lässt sich kostengünstig in Großserie produzieren. Ein weiteres Plus: Im Gegensatz zu herkömmlichen Piezo-Ultraschallwandlern kann unser MEMS-Wandler sehr klein gebaut werden. Die Miniaturisierung ist ein großer Vorteil gegenüber den Piezokeramiken. Der CMUT lässt sich dadurch besonders vorteilhaft in das Otoskop integrieren.

Dezentrales Monitoring von Covid-19 Patienten

Anwendungen für Biotechnologie und Medizintechnik

Die Corona-Pandemie stellt eine Herausforderung für die medizinische Diagnostik dar: Neben schwerwiegenden Symptomen verursacht der SARS-CoV-2-Virus auch milde Verläufe, die sich akut verschlechtern können. Eine durchgängige Patientenüberwachung gibt es aber bisher nur auf Intensivstationen. Plötzliche Gesundheitsverschlechterungen werden dadurch oft erst zeitverzögert erkannt und Betroffene zu spät in ein Krankenhaus gebracht. Genau da setzt das Clusterprojekt M3Infekt an. Durch die mobile Erfassung, Analyse und Fusion relevanter Biosignale mithilfe unterschiedlicher Technologien können valide Diagnosen über Zustand und Krankheitsverlauf getroffen werden.

Das avisierte System adressiert langfristig die dezentrale Patientenüberwachung auf Normalstationen sowie in außerklinischen Umgebungen anhand multimodaler Parameter des Herz-Kreislaufsystems (u.a. Herzrate, EKG, Sauerstoffsättigung, Durchblutungssituation) und der Atmung (u.a. Atemfrequenz/-volumen, Atemluftanalyse). Als Basis zur Auswertung dienen Methoden des maschinellen Lernens, die die Diagnosestellung erleichtern und die ortsunabhängige Integration in verschiedene Einsatz- und Anwendungsszenarien gewährleisten.

Atemluftanalyse

Anwendungen für Biotechnologie und Medizintechnik

Krankheiten können durch die Analyse der Atemluft detektiert werden. So sind beispielsweise Spuren spezieller Gase in der Atemluft ein frühes Zeichen verschiedener Krankheiten, einschließlich Krebs. Eine spektroskopische Atemluftanalyse kann diese Gase erkennen und somit eine frühzeitige Diagnose und damit eine zeitnahe Therapie ermöglichen. Entsprechende, im Alltag einsetzbare Systeme der chemischen Sensorik basieren auf einem MEMS-Ionenmobilitätsspektrometer, mit dem Verfahren zum Schnelltest bereitgestellt werden können.

Komponenten und Module für die verbesserte optische Point-of-Care-Diagnostik (KODIAK)

Anwendungen für Biotechnologie und Medizintechnik

Lab-on-Chip (LOC)-Diagnostik ist heutzutage bei verschiedenen labordiagnostischen Verfahren Stand der Technik. Sie ermöglicht die automatisierte Verarbeitung und Auswertung von Proben. Diagnostische Ergebnisse können dadurch kostengünstiger, schneller und und früher zur Verfügung gestellt werden als mit der herkömmlichen Analyse in einem medizinischen Labor. Jedoch gibt es nicht für alle Anwendungsfälle Lab-onChip-Systeme. Zusammen mit Partnern entwickelt das Fraunhofer IPMS daher neue Komponenten und Module für die LOC-Diagnostik im Bereich des Zytokin-Freisetzungssyndroms.

Das Zytokin-Freisetzungssyndrom (cytokine release syndrome, CRS) kann bei einer Vielzahl von Erkrankungen und Therapien auftreten, beispielsweise bei Immunotherapie, Sepsis und Infektionserkrankungen wie z. B. Covid-19. Bei einem CRS werden im Zuge der Immunreaktion des Körpers Zytokine gebildet, die weitere Immunzellen aktivieren. Diese wandern an den Ort der Entzündung und bilden ebenfalls Zytokine, sodass eine überschießende Immunreaktion stattfindet. Diese klingt nicht wie üblicherweise automatisch ab, sondern verstärkt sich immer weiter. Da diese schwere Nebenwirkung tödlich enden kann, muss sie schnellstmöglich diagnostiziert und behandelt werden.

Zell-basierte Therapeutika (MIC-PreCell)

Anwendungen für Biotechnologie und Medizintechnik

Zellbasierte Therapien sind üblicherweise personalisiert auf den Patienten bzw. die Patientin abgestimmt und aufgrund der teils sehr aufwendigen Fertigungsprozesse oft noch sehr teuer. Für Menschen mit kritischem Krankheitsstadium ist zudem eine zeitgerechte Herstellung oft überlebenswichtig. Im Rahmen von MIC-PreCell werden deshalb moderne Methoden der integrierten Qualitätssicherung etabliert werden, mit denen die Herstellungsprozesse verkürzt und etwaige Produktionsfehler erheblich früher festgestellt werden können.

Dabei fokussiert sich das Projektteam auf den breiten Einsatz innovativer Qualitätssicherungsmethoden in der Zellherstellung wie der optomechanischen Profilerstellung, mit der sich mechanische Zelleigenschaften sofort und markierungsfrei bestimmen lassen. Auch die Analyse von VOCs, volatile organic compounds, die von Zellkulturen an die Außenluft abgegeben werden, wollen die Fraunhofer-Forschenden mit Hilfe eines Gaschromatograph-Ionenmobilitäts-Spektrometers analysieren. Daneben werden Geräte zur Mikromanipulation von Zellen und Zell-Clustern oder Organoiden zum Einsatz kommen, die eine direkte und detaillierte Echtzeitauskunft über den Zustand von therapeutischen Zellprodukten erlauben.

 

 

Mikrodisplays

Anwendungen für die Medizintechnik

Datenbrillen könnten für Ärztinnen und Ärzte eine ganz neue Qualität in der Behandlung eröffnen. So könnten sie während der Behandlung bspw. Röntgenbilder oder Echtzeitbilder aus Endoskopen direkt im Sichtfeld haben, ohne den Blick vom Operationsfeld abzuwenden. Dabei können die Hände freibleiben.

Diese Funktionen erfordern oft eine ultra-hohe Auflösung, flexible Substrate, Lesbarkeit bei Sonnenlicht, hohe Kontrast, Gesten- und Augensteuerung, Kratzfestigkeit und andere. Genau diese Arten von Mikrodisplays werden am Fraunhofer IPMS entwickelt.

Der wachsende Markt für Wearables verlangt zudem spezielle miniaturisierte Lösungen mit geringem Stromverbrauch. Hier sind neue Gerätefunktionen gefragt. Innovative Eingabe- und Interaktionskonzepte, wie bidirektionale Mikrodiplays (Kombination von Display und Imager auf einem Chip), machen dabei auch noch eine Steuerung der Inhalte über die Augenbewegungen möglich.

Sauerstoffsensor

Anwendungen für Biotechnologie und Medizintechnik

Ein Sensor zur Messung der Sauerstoffkonzentration in Gasen mit einer eigens entwickelten Sensorschicht oder durch kommerzielle Sensorspots. Eine blaue OLED regt die Farbstoffschicht an und das Antwort-Phosphoreszenzsignal wird im CMOS-Backplane-Chip detektiert und ausgewertet. Unter Verwendung einer Kalibrierkurve wird die Sauerstoffkonzentration aus der Abklingzeit der Farbstoffantwort berechnet.

Mikroscanner für die Medizintechnik

Anwendungen für Biotechnologie und Medizintechnik

© Fraunhofer IPMS
MEMS Microscanner des Fraunhofer IPMS.
Die vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten von Mikroscannern in der Medizin umfassen unter anderem die Bildaufnahme für medizinische Endoskope, die konfokale Mikroskopie, Fluoreszenzmikroskopie, Spektroskopie sowie die Ophthalmologie.
 

Die bisherigen kundenspezifischen Entwicklungen von Mikroscannern des Fraunhofer IPMS wurden in den letzten Jahren für mehrere Partner in der Praxis qualifiziert, um in Kundenprodukten zum Einsatz zu kommen. Dabei konnten sich diese Bauelemente in der Praxis bewähren.

So hat das Fraunhofer IPMS vor einigen Jahren doppelresonante MEMS-Scanner entwickelt, die das Herzstück eines kompakten Röntgenfolienscanners für die digitalisierte Zahnmedizin sind. 

Weitere Applikationen der Medizintechnik des Fraunhofer IPMS sind die für die Firma Norlase entwickelten Laserscanner, welche in der Ophthalmologie in der Behandlung von Netzhaut- und Glaukom-Patienten zum Einsatz kommen werden. Durch den Einsatz der MEMS-Scanner des Fraunhofer IPMS ist eine zuvor unerreichte Miniaturisierung des Systems und eine höhere Auflösung möglich.

Für das Startup Envision Diagnostics entwickelt das Institut Mikroscanner für einen standardisierten, schnellen und zuverlässigen Augentest, welcher alle qualitativen Parameter erfasst, auswertet und darstellt. Dies liefert Ärzten umfangreichere und zuverlässigere Patientendaten, sodass sichere Entscheidungen getroffen werden können.