Modellierungsansatz für Lautsprecherkonzept des Fraunhofer IPMS im Nature Journal Microsystems & Nanoengineering vorgestellt
Großer Klang ganz klein - Innovativer Modellierungsansatz für Mikrolautsprecher
Das Internet der Dinge und speziell das Internet der Sprache erfordert energieeffiziente und hochwertige Audiogeräte. Eine besondere Herausforderung stellen hierbei In-Ohr-Kopfhörer dar. Diese akku-betriebenen Kleinstgeräte sollen einen immer größeren Funktionsumfang abdecken. Eine vom Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS entwickelte innovative Lautsprechertechnologie stellt aufgrund ihres geringen Bauteil-Volumens und hoher Energieeffizienz einen wichtigen Entwicklungsschub dar. Im Nature Journal Microsystems & Nanoengineering wurden nun neue Forschungsergebnisse vorgestellt, die eine ordnungsreduzierte Modellierung ermöglichen.
Das Neuartige an der vom Fraunhofer IPMS entwickelten Lautsprechertechnologie ist das siliziumbasierte Schallwandlerprinzip, welches keine herkömmliche Membran mehr besitzt. Vielmehr wurde diese gewissermaßen in Streifen zerlegt und in Form einer Vielzahl von Biegebalken – ähnlich der Saiten einer Harfe – in einem Siliziumchip vereint. Die dünnen Biegebalken, die nicht breiter sind als der Bruchteil eines Haares, bilden mit ihrem integrierten, elektrostatischen Antrieb eine völlig neuartige Klasse von Biegeaktoren. Beim Anlegen einer Audiosignalspannung werden diese zum Schwingen angeregt und erzeugen hörbare Schallwellen. Durch die Integration aller Komponenten direkt im Siliziumchip sind diese Klanggeber wesentlich kleiner und energieeffizienter als herkömmliche Lautsprecher. Diese neue Art extrem kleiner Mikrolautsprecher bietet nun den Raum, eine Vielzahl weiterer Funktionalitäten in zukünftige In-Ohr-Kopfhörer zu integrieren. So erlauben sie smarte Hearable-Anwendungen wie Instant-Übersetzung, Bezahlfunktionen und weitere Internetdienstleistungen – alles sprachgesteuert und ohne Blick auf das Smartphone. Diese Multitalente könnten in Zukunft sogar die komplette Internetkommunikation übernehmen.
Neue Forschungsergebnisse zur ordnungsreduzierten Modellierung
Im Zuge der Weiterentwicklung und Erforschung dieser innovativen Lautsprechertechnologie durch das Fraunhofer IPMS wurde nun ein weiteres Paper veröffentlicht, welches im Nature Journal Microsystems & Nanoengineering erschien. Elektrostatisch ausgelenkte Mikrobalken sind in der Welt von mikro-elektro-mechanischen Systemen (MEMS) weit verbreitet und haben angesichts der aktuellen technologischen Trends einen hohen Stellenwert. Insbesondere die Entwicklung von komplexen Systemen mit vielen MEMS-Einzelkomponenten ist auf das Vorhandensein von zuverlässigen ordnungsreduzierten Modellen angewiesen. Ordnungsreduzierte Modelle können dabei die Ortsabhängigkeit der Auslenkung eines Balkens mit einem einzigen Freiheitsgrad beschreiben, was die Lösung der zugehörigen Gleichungen wesentlich vereinfacht, oder oftmals überhaupt erst ermöglicht. Das Verhalten von Mikrobalken ist jedoch stark nichtlinear, was in der Regel das Ableiten solcher Modelle zu einer Herausforderung macht, da viele solcher Freiheitsgrade benötigt werden, um eine angemessene Genauigkeit zu erreichen. »In diesem Paper wurde ein wichtiger Schritt für die Weiterentwicklung von ordnungsreduzierten Modellen von elektrostatisch ausgelenkten Mikrobalken unternommen, indem die modale Beteiligung von Euler-Bernoulli Moden an der statischen Auslenkung numerisch und experimentell untersucht wird«, berichtet Anton Melnikov, Wissenschaftler am Fraunhofer IPMS und Erstautor des Papers. »Es stellt sich heraus, dass in dem für MEMS üblichen Parameterbereich die Nullmode über den gesamten Hub des Balkens alle wichtigen Informationen beinhaltet, um das Gesamtverhalten mit hoher Präzession abzubilden«, fährt er fort. Diese Erkenntnisse, die im Rahmen eines von der Fraunhofer-Zukunftsstiftung finanzierten Projekts gewonnen wurden, erlauben die Erstellung von ordnungsreduzierten Modellen basierend auf der Projektion auf die Euler-Bernoulli-Nullmode, was eine akkurate Abbildung von Mikrobalken über einem einzigen Freiheitsgrad ermöglicht.
Ausgründung Arioso Systems GmbH
Die Vermarktung dieser innovativen Forschungsergebnisse übernimmt die vom Fraunhofer IPMS 2019 ausgegründete Arioso Systems GmbH. Sie hat die exklusive Verwertung solcher Lautsprecher auf Basis von Silizium-Mikrosystemen als Geschäftszweck. Dass sich die Partnerschaft zwischen der Ausgründung Arioso Systems GmbH und dem Fraunhofer IPMS auf dem Erfolgsweg befindet, wurde 2020 auch durch die Gewinnung weiterer gemeinsamer Förderprojekte sichtbar. Das Verwertungspotenzial der neuartigen Mikrolautsprecher wird derzeit in Gesprächen mit interessierten Industriekunden evaluiert. Gleichzeitig arbeitet das Team bereits an der Patentierung und Umsetzung weiterer Ideen, die aus der initialen Idee eines neuen Lautsprecherkonzepts einen nachhaltigen Innovationsimpuls machen.
Über das Fraunhofer IPMS
Das Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS steht für angewandte Forschung und Entwicklung in den Bereichen industrielle Fertigung, Medizintechnik und verbesserte Lebensqualität. Unsere Forschungsschwerpunkte sind miniaturisierte Sensoren und Aktoren, integrierte Schaltungen, drahtlose und drahtgebundene Datenkommunikation sowie kundenspezifische MEMS-Systeme.
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