Ein Auto fährt um die Ecke, auf dem Hintersitz schlafen die Passagiere. Der Fahrersitz ist leer. Als ein Fußgänger vor dem Fahrzeug überraschend die Straße überquert, bremst es automatisch.
Ein Szenario, wie es bald auf unseren Straßen Wirklichkeit werden kann. In autonomen Fahrzeugen ist der Mensch nur noch Mitfahrer, das Auto steuert selbständig und erkennt Hindernisse und Gefahren. Damit das Fahrzeug seine Umwelt erkennen kann, kommen LiDAR- Sensoren zum Einsatz, die das Auge des Fahrers ersetzen. LiDAR bedeutet Light Detection and Ranging und ermöglicht die Entfernungsmessung zwischen Objekt und Fahrzeug. Das Prinzip beruht auf Lasersignalen, die in die Umgebung gesendet werden und deren Reflexion analysiert wird.
Ein Forscherteam am Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS in Dresden entwickelte nun Mikroscannerspiegel (MEMS-Scanner), die alle Anforderungen für das autonome Fahren erfüllen können und gleichzeitig klein und integrierbar sind. Die Vision eines sicheren autonomen Fahrens rückt damit in greifbare Nähe . Das Forscherteam verfolgt dabei den Ansatz eines „scannenden Auges“, um digitales Sehen in drei Dimensionen zu ermöglichen. Ein Mikrospiegelmodul scannt die Umgebung indem der Spiegel das Licht eines Lasers in zwei Dimensionen verteilt. Die dritte Dimension des vom Objekt reflektierten Lichts wird anhand des Detektorsignals bestimmt. Dabei gibt es unterschiedliche Verfahren wie z.B. die Laufzeitmessung, codierte Pulse oder die Demodulation von FMCW-Signalen.
Aktuelle LiDAR-Systeme für das autonome Fahren beruhen auf großen rotierenden Spiegeln um eine Achse, die aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichts schwer in Fahrzeuge integrierbar sind. Weitere Nachteile sind die hohen Herstellungskosten und die Anfälligkeit der rotierenden Teile gegenüber Vibrationen und Schock. Auf diese Weise entstehen Messungenauigkeiten, die im schlimmsten Fall zum Ausfall des Systems und Unfällen führen können. Alternativen sind sogenannte Solid State Lidar, die ohne beweglichen Teile auskommen und aufgrund ihrer geringen Größe integrierbar sind, allerdings können diese nur schwer Objekte in weiterer Entfernung erfassen. Für sicheres autonomes Fahren sind Erfassungsbereiche von wenigen Zentimetern bis zu mehreren hundert Metern notwendig.
„Das Besondere ist, dass die von uns entwickelten MEMS-Spiegel ihre Umgebung sicher in allen Reichweiten erfassen. Zudem sind sie so leicht und integrierbar, dass sie trotz ihrer Beweglichkeit durch Vibrationen im Automobil nicht beeinflusst werden und so ihre Umgebung ohne Messunschärfen detektieren“, erklärt Dr. Grahmann, Forscher am Fraunhofer IPMS. „Damit erfüllen Scannerspiegeldesigns des IPMS sowohl über mechanische Beweglichkeit als auch die Stabilität eines Solid State LiDAR. Auf diese Weise kann autonomes Fahren sicher umgesetzt werden.“ Da der vom IPMS entwickelte MEMS-Scanner aus einkristallinem Silizium hergestellt wird, ist er zudem äußerst robust, schockstabil und ermüdungsfrei. Kostengünstige Halbleiterherstellungsprozesse ermöglichen Skalierungseffekte bei der Herstellung. Die CMOS-Kompatibilität des Halbleiterchips ermöglichen außerdem eine hohe Integrationsfähigkeit in bestehende Systeme.
Auf der Weltleitmesse für Entwicklung und Fertigung von Elektronik Productronica vom 12. bis 15. November 2019 in München stellen Experten des Fraunhofer IPMS ihre Entwicklungen im Bereich der MEMS-Scanner vor und informieren über das Komplettangebot. Zu finden ist die Ausstellung des Fraunhofer IPMS in Halle B2 am Stand 317.