Projekt: »Modulierbare Akustische Impedanz durch Metamaterialien (MAIM)«
Motivation
Die am Fraunhofer IPMS und insbesondere an dessen Institutsteil ISS verfügbaren Mikrosystemtechnologien (Micro-(Opto-Acoustic-)Electro-Mechanical-Systems, MEMS) wurden in Kooperation mit der Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland um eine außergewöhnliche Technologie erweitert: die additive Fertigung (additive Manufacturing, AM) mittels Zwei-Photonen-Polymerisation (Two-Photon-Polymerization, TPP). Dieser Prozess ermöglicht schnelle und adaptive, kundenspezifische Fertigung von fast beliebigen, dreidimensionalen, mikro- bzw. nanoskaligen Strukturen. Zu enormer Aufmerksamkeit in der Wissenschaft verhalf diesem Herstellungsprozess vor Allem seine Eignung zur Erzeugung von optischen Metamaterialien. Diese meist mehrphasigen, synthetischen Stoffe sind dadurch gekennzeichnet, dass sie durch ihren Herstellungsprozess Eigenschaften erhalten, welche die Ausgangsmaterialien nicht erreichen und so z. B. auf sie durchdringende Wellenphänomene wie Licht- oder Schallwellen außergewöhnliche Effekte haben. Zu den photonischen Metamaterialien zählen z. B. Superlinsen oder Tarnkappen. Nicht nur photonische, sondern auch akustische Metamaterialien sind mittels TPP möglich. Letztere sollen ein Ziel dieses Forschungsvorhabens sein.
Ansatz
Um diesem Ziel einen konkreten Lösungsweg zu geben, soll mithilfe von akustischen Metamaterialien die Übertragung von akustischer Energie zwischen einem Ultraschallsender bzw. -empfänger und dessen Umgebungsmediums verbessert werden. Die für herkömmliche piezoelektrische Ultraschallwandler bekannte Methode der Anpassung der akustischen Impedanz soll innerhalb des Forschungsvorhabens durch die Nutzung der am IPMS-ISS verfügbaren Mikrosystemtechnologien, vorzugsweise TPP, verbessert werden.
Die am IPMS entwickelten akustischen Bauelemente und Technologien sollen zu diesem Zweck zum Einsatz kommen. Das Bauelement CMUT ist ein Ultraschallsender bzw. -empfänger, der durch die Auslenkung einer flexiblen freistehenden Plattenelektrode betrieben wird.
Die Anpassung der akustischen Impedanz mittels Beschichtung dieser Platte, reduziert den Verlust akustischer Energie durch Reflexionen an der Grenze zwischen der Schallquelle und dessen Umgebungsmediums. Idealerweise wird die Impedanz der Beschichtung abhängig von den Impedanzen der Quelle und des Mediums ausgewählt. Diese Vorgehensweise ist von herkömmlichen piezoelektrischen Ultraschallwandlern bekannt, wurde jedoch für CMUTs noch nicht ausreichend untersucht. Insbesondere im Fall Luft herrscht ein vierstelliger Impedanzunterschied zwischen Umgebungsmedium und CMUT.
Durch die am IPMS-ISS verfügbaren mikromechanischen Herstellungsverfahren können Anpassungssysteme hergestellt werden, deren akustische Impedanz auf ideale Werte einstellbar, oder sogar graduell veränderlich ist. Diese Annäherung an das mathematische Ideal ermöglicht eine starke Vergrößerung der Bandbreite und der Spitzenintensität der Übertragung, was zu einer Erhöhung der Übertragungsleistung und -qualität führt.
Details
Die in der bisherigen Forschung angestellten Berechnungen zu Transmissionswerten zeigen, dass ein mit Polydimethylsiloxan (PDMS) beschichteter CMUT nur etwa 85 % seines Schalldrucks in Wasser transmittiert. Hier könnte eine Beschichtung mit ideal eingestellter Impedanz den Transmissionskoeffizienten auf 100 % anheben. Eine Aufweitung der Bandbreite, wird durch einen graduellen Impedanzverlauf ermöglicht. Für das Medium Luft hat der PDMS-CMUT eine deutlich schlechtere Transmission von etwa 0,1 %. Hier könnten die am IPMS-ISS verfügbaren Materialien und ein angepasster Impedanzverlauf zu 60 % Transmission und höherer Bandbreite verhelfen.
Ziel
Eine Leistungssteigerung der CMUT Basistechnologien des IPMS eröffnet deren Einsatz bzw. verbessert deren Positionierung in einer Vielzahl von Applikationsfeldern, insbesondere in Massenmärkten wie der Automobilbranche und der mobilen Smart Devices. Hier können Anwendungen wie Gesten- und Objekterkennung, sowie Augmented-Reality mittels haptischer Rückmeldung von einer höheren Leistungsfähigkeit und verbesserter Schallübertragungsqualität an Luft stark profitieren. Dies führt zu einer vorteilhaften Positionierung der Basistechnologien innerhalb dieser Schlüsselbranchen und ermöglicht deren ökonomische Verwertung.
Ausgesprochenes Ziel dieses Forschungsvorhabens ist das Einbringen des TPP-Prozesses in das Portfolio des IPMS-ISS. Mit diesem revolutionären Verfahren können vor Allem Anwendungsfelder innerhalb der Mikrosystemtechnik angesprochen werden. Dazu gehören zum Beispiel Optik, Akustik, Mikrofluidik und weitere Applikationsbereiche, die von der mit TPP möglichen Funktionsintegration bzw. –erweiterung, dem Rapid Prototyping und bisher unerreichbaren Designs profitieren können.
Auch Anwender der Mikrosystemtechnik nutzen deren Fortschritte. Dazu gehören nicht nur die bereits angesprochene Automobil- und Smart-Device-Branche, sondern auch der Gesundheitssektor und der NDT-Bereich können die Vorteile nutzen, die durch verbesserte akustische und optische Sensoren entstehen. Im Gesundheitssektor spielen insbesondere verkleinerte Handheld-Devices, optimierte Schutzschichten, sowie funktionsintegrierte Mikrofluidik-Analysewerkzeuge eine große Rolle.