Konfokales Mikroskop zur schnellen Erkennung von Tumorgrenzen während der Operation
Projektlaufzeit: 2018-2022
Jedes Jahr erkranken ca. 500.000 Menschen in Deutschland an Krebs. Die Diagnostik und die Behandlung entwickeln sich stetig, jedoch ist es für Ärztinnen und Ärzte heute immer noch kaum möglich, den Erfolg einer Tumorresektion in sehr kurzer Zeit während einer Operation festzustellen. So ist es üblich, nach erfolgter operativer Entfernung eines Tumors eine Gewebeprobe des Wundrandes zu entnehmen und diese im Labor pathologisch untersuchen zu lassen, um sicherzustellen, dass alle Tumorzellen entfernt wurden. Dieser Vorgang dauert bis zu 20 Minuten. Wünschenswert wäre eine Methode, die schnell, zuverlässig und direkt vor Ort im Operationsaal eingesetzt werden kann. Daher haben Mitarbeitende des Fraunhofer IPMS und des Fraunhofer IZI gemeinsam im Fraunhofer-Zentrum MEOS ein neues konfokales Mikroskop zur intraoperativen Tumordiagnostik entwickelt.
Die Unterscheidung zwischen gesundem Gewebe und Tumorgewebeist oft nicht einfach vorzunehmen. Ziel der Operation von Tumoren ist es, tumorfreie Resektionsränder bei gleichzeitigem gesteigertem Erhalt des umliegenden, gesunden Gewebes zu schaffen. Dies wird derzeit dadurch erschwert, dass mit heutigen technischen Lösungen eine dreidimensionale Darstellung des Tumorrandes nicht möglich ist. Eine histologische Analyse während der Operation ist zwar realisierbar, jedoch ist diese zeitaufwändig und nicht für alle Gewebearten durchführbar (z.B. für Knochen). Es besteht daher ein großer Bedarf für eine leicht anwendbare, optische Methode, die intraoperative und in einem schnellen Zeitraum gesunde Gewebestrukturen von Tumorgewebe unterscheidet.
Im Fraunhofer-Zentrum MEOS haben Mitarbeitende des Fraunhofer IPMS und des Fraunhofer IZI gemeinsam ein MEMS-basiertes Laser-Scanning-Mikroskop und eine Fluoreszenz-Marker-Methode von Tumorzellen entwickelt. Ziel ist es, Tumorgrenzen bestmöglich zu lokalisieren, um den vollständigen Erhalt von z.B. Hirnzellen und Arterien während neurochirurgischer Eingriffe zu gewährleisten. Im ersten Schritt muss dafür der Tumorrand eingefärbt werden. Hier kommt eine spezielle Methode zur spezifischen Anfärbung von Tumorzellen mittels Fluoreszenz-markierter Antikörper auf Zellkulturebene zum Einsatz, die von Mitarbeitenden des Fraunhofer IZI entwickelt wurde. Anschließend wird durch das konfokale Mikroskop ein Bild der Schnittfläche aufgenommen. Kernstück des Mikroskops ist ein am Fraunhofer IPMS entwickelter Scannerspiegel, der es erlaubt, das Licht in x- und y-Richtung abzulenken und somit praktisch in Echtzeit ein Bild zu generieren. Damit kann im Fluoreszenzbild bei einer Bildfeldgröße von 200 x 200 μm² (960 x 960 Pixel) eine laterale Auflösung < 1.0 μm erreicht werden. Für Schnittbilder ist das System mit einem z-Shifter mit einer max. Weglänge von 2000 μm und 5 nm min. Schrittgröße ausgestattet.
2021 wurde ein Demonstrator des Mikroskops am Fraunhofer-Zentrum MEOS in Erfurt aufgebaut und erfolgreich getestet. Dafür wurden vom Anwendungspartner, dem Helios-Klinikum in Erfurt, Gewebeproben zur Verfügung gestellt. Schwerpunkte der zukünftigen Arbeiten sind der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur automatisierten Erkennung von Tumorresektionsrändern, Robotik zur Schaffung eines Assistenzsystems für das chirurgische Fachpersonal sowie die Systemanpassungen für den Transfer in eine klinische Umgebung.